karate-do-kampfsport
  20. Jahrhundert
 

20. Jahrhundert 

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde Karate stets im Geheimen geübt und ausschließlich von Meister zu Schüler weitergegeben. Während der Meiji-Restauration wurde Okinawa im Jahre 1875 offiziell zu einer japanischen Präfektur erklärt. In dieser Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs, in der sich die okinawanische Bevölkerung den japanischen Lebensgewohnheiten anpasste und Japan sich nach jahrhundertelanger Isolierung wieder der Welt öffnete, begann Karate wieder stärker in die Öffentlichkeit zu drängen.

Der Kommissar für Erziehung in der Präfektur Okinawa, Ogawa Shintaro, wurde 1890 während der Musterung junger Männer für den Wehrdienst auf die besonders gute körperliche Verfassung einer Gruppe junger Männer aufmerksam. Diese gaben an, auf der Jinjo Koto Shogakko (Jinjo-Koto-Grundschule) im Karate unterrichtet zu werden. Daraufhin beauftragte die Lokalregierung den Meister Yasutsune Itosudamit, einen Lehrplan zu erstellen, der unter anderem einfache und grundlegende Kata (Pinan oder Heian) enthielt, aus denen er Taktik und Methodik des Kämpfens weitgehend entfernte und den gesundheitlichen Aspekt wie Haltung, Beweglichkeit, Gelenkigkeit, Atmung, Spannung und Entspannung in den Vordergrund stellte. Karate wurde dann 1902 offiziell Schulsport auf Okinawa. Dieses einschneidende Ereignis in der Entwicklung des Karate markiert den Punkt, an dem das Erlernen und Üben der Kampftechnik nicht mehr länger nur derSelbstverteidigung diente, sondern auch als eine Art Leibesertüchtigung angesehen wurde.

Nach Beginn des Jahres 1900 erfolgte von Okinawa aus eine Auswanderungswelle nach Hawaii. Dadurch kam Karate erstmals in die USA, die Hawaii 1898 annektiert hatten.

Itosu Yasutsune, genannt Ankō
Funakoshi Gichin

Gichin Funakoshi, ein Schüler der Meister Yasutsune Itosu und Anko Asato, tat sich bei der Reform des Karate besonders hervor: Auf der Grundlage des Shorin-Ryū (auch Shuri-Te nach der Ursprungsstadt) und des Shorei-Ryū (Naha-Te) begann er, Karate zu systematisieren. Er verstand es neben der reinen körperlichen Ertüchtigung auch als Mittel zur Charakterbildung.

Neben den genannten drei Meistern war Kanryo Higashionna ein weiterer einflussreicher Reformer. Sein Stil integrierte weiche, ausweichende Defensivtechniken und harte, direkte Kontertechniken. Seine Schüler Chojun Miyagi und Kenwa Mabuni entwickelten auf dieser Basis die eigenen Stilrichtungen Gōjū-Ryū bzw. Shitō-Ryū, die später große Verbreitung finden sollten.

In den Jahren von 1906 bis 1915 bereiste Funakoshi mit einer Auswahl seiner besten Schüler ganz Okinawa und hielt öffentliche Karate-Vorführungen ab. In den darauffolgenden Jahren wurde der damalige Kronprinz und spätere Kaiser Hirohito Zeuge einer solchen Aufführung und lud Funakoshi, der bereits Präsident des Ryukyu-Ryu Budokan – einer okinawanischen Kampfkunstvereinigung – war, ein, bei einer nationalen Budō-Veranstaltung 1922 in Tōkyō sein Karate in einem Vortrag zu präsentieren. Dieser Vortrag erfuhr großes Interesse, und Funakoshi wurde eingeladen, seine Kunst im Kōdōkan praktisch vorzuführen. Die begeisterten Zuschauer, allen voran der Begründer des JūdōJigorō Kanō, überredeten Funakoshi, am Kodokan zu bleiben und zu lehren. Zwei Jahre später, 1924, gründete Funakoshi sein erstes Dōjō.

Über die Schulen kam Karate auch bald zur sportlichen Ertüchtigung an die Universitäten, wo damals zum Zwecke der militärischen Ausbildung bereits Jūdō und Kendō gelehrt wurden. Diese Entwicklung, die die okinawanischen Meister zur Verbreitung des Karate billigend in Kauf nehmen mussten, führte zur Anerkennung von Karate als „nationale Kampfkunst“; Karate war damit endgültig japanisiert.

Nach dem Vorbild des bereits im Jūdō etablierten Systems wurde im Laufe der dreißiger Jahre dann der Karate-Gi sowie die hierarchische Einteilung in Schüler- und Meistergrade, erkennbar an Gürtelfarben, im Karate eingeführt; mit der auch politisch motivierten Absicht eine stärkere Gruppenidentität und hierarchische Struktur zu etablieren.

Aufgrund seiner Bemühungen wurde daraufhin Karate an der Shoka-Universität, der Takushoku-Universität, der Waseda-Universität und an der Japanischen Medizinischen Hochschule eingeführt. Das erste offizielle Buch über Karate wurde von Gichin Funakoshi unter dem Namen Ryu Kyu Kempo Karate im Jahre 1922 veröffentlicht. Es folgte 1925 die überarbeitete Version Rentan Goshin Karate Jutsu. Sein Hauptwerk erschien unter dem Titel Karate Do Kyohan 1935 (diese Version wurde 1958 noch einmal um die karatespezifischen Entwicklungen der letzten 25 Jahre erweitert). Seine Biographie erschien unter dem Namen Karate-dō Ichi-ro (Karate-dō – mein Weg), in dem er sein Leben mit Karate schildert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Karate durch Funakoshis Beziehungen zum Ausbildungsministerium als Leibeserziehung und nicht als kriegerische Kunst eingestuft, was es ermöglichte, Karate auch nach dem Zweiten Weltkrieg zur Zeit der Besatzung in Japan zu lehren.

Über Hawaii sowie die amerikanische Besatzung Japans und insbesondere Okinawas fand Karate im Laufe der 1950er und 1960er Jahre als Sportart zunächst in den USA und dann auch in Europa eine immer stärkere Verbreitung.

Aus der nach Funakoshi bzw. dessen schriftstellerischen Pseudonym Shōtō benannten Schule Shōtōkan („Haus des Shōtō“) ging die erste international agierende Karate-Organisation, die JKA hervor, die noch heute einer der einflussreichsten Karateverbände der Welt ist. Funakoshi und die übrigen alten Meister lehnten die Institutionalisierung und Versportlichung sowie die damit einhergehende Aufspaltung in verschiedene Stilrichtungen gänzlich ab.

 
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